Der Beckenboden ist so ein präsentes Thema im Kontext Schwangerschaft, Geburt und Rückbildung - und doch wissen nur wenige, worum genau es sich dabei handelt. Also lass uns mal genauer hinschauen. Der Beckenboden ist ein wahrlich beeindruckender Muskelverbund in unserem kleinen Becken. Er entwickelte sich durch den aufrechten Gang, um buchstäblich das Herausfallen unserer Organe zu verhindern, kontrolliert die Schließmuskeln von Blase und Darm und trägt zu einer lustvollen Sexualität bei.
Dein Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten, die stets miteinander und mit anderen Muskelgruppen zusammenarbeiten. Er hat drei wichtige Hauptfunktionen: Anspannung, Entspannung und Halten. Insbesondere in deiner Schwangerschaft hält dein Beckenboden neben deinem eigenen zunehmenden Körpergewicht das Gewicht deines Kindes und der Gebärmutter, um sich dann zur Geburt maximal zu öffnen. Verrückt, wie schlau doch unser Körper ist: Da ist der Beckenboden über neun Monate im Haltemodus und schafft es dann, sich binnen Stunden voll und ganz zu öffnen. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Es bedarf hormoneller Erweichung und eines bewussten Hinspürens. Bewusste Atemübungen zur An- und Entspannung sind deshalb in der Schwangerschaft absolut zu empfehlen.
Manche Schwangere spüren ihren Beckenboden deutlich, wenn dieser durch mehrere Schwangerschaften oder größere Babys stärker unter Druck steht. Spätestens dann ist das Beckenbodentraining notwendig. Kommt es zu einer Bauchgeburt, ist das Trainieren des Beckenbodens nach der Geburt aus diesem Grund ebenfalls notwendig. Durch die Wehenarbeit unter der Geburt und dem damit verbundenen langsamen Tiefertreten des Köpfchens bis zum Erreichen des Beckenbodens ist er starkem Druck ausgesetzt. Stück für Stück dehnt er sich, um dann das Köpfchen deines Babys mit einem durchschnittlichen Kopfumfang von 33-36 cm durch komplette Öffnung herausgleiten zu lassen.
Diese Belastung spürst du dann besonders beim ersten Aufstehen nach der Geburt und im frühen Wochenbett. Deine Körperhaltung bringt die Überbelastung zum Ausdruck. Aus dem aufrechten Gang wird kurzzeitig ein vornübergebeugter, recht krummer Gang. Was dein Beckenboden jetzt so sehr benötigt, ist strenge Schonung. Das gelingt dir am besten, indem du:
- grundsätzlich WochenBETT hältst und viel liegst
- regelmäßig Wasser lässt - idealerweise alle 2-3 Stunden
- im Liegen stillst
- dir gut verdauliches Essen zubereiten lässt, um deinen Stuhl weich zu halten
- dir einen Stuul (Toilettenhocker) unter die Füße stellst, wenn du zur großen Toilette musst
- die Rückbildung deiner Gebärmutter unterstützt - z.B. durch eine Bauchmassage und häufige Bauchlage
- erste Aktivierungsübungen im Liegen durchführst - je nach Geburtsverletzung gern mindestens 1 Woche abwarten bis du damit beginnst
- schweres Heben vermeidest - zum Beispiel von Geschwisterkindern
- du bei starkem Druckgefühl einen Stützgurt für den Bauch oder spezielle Stützunterwäsche trägst
- dich stets über die Seite aufrichtest und ablegst - vermeide gerades Aufstehen
Ein anfängliches inkontinentes Gefühl oder Tröpfeln ist durchaus ok, sollte sich allerdings kontinuierlich verbessern.
Etwa eine Woche nach Geburt ist es wichtig mit den ersten Wahrnehmungsübungen für deine Beckenbodenmuskulatur zu beginnen. Solltest du größere Geburtsverletzungen haben, warte gern noch etwas länger. Deinen Beckenboden wieder spüren zu lernen, stellt die Grundlage für deine weitere Rückbildung dar.
Wir haben ein paar konkrete Übungen zusammengetragen. Es braucht nur wenige Minuten täglich und lässt sich dann ganz wunderbar in deinen Mamaalltag einbauen. Nach deinem Wochenbett können wir dir dann von Herzen einen Rückbildungskurs empfehlen, der von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Es ist wertvoll investierte Zeit in dich und deinen wundervollen Körper.
Ein starker und stabiler Beckenboden ist unerlässlich und braucht Geduld. Achte gut auf ihn und nimm dir Zeit, es lohnt sich.
- Das Aktivieren deines Beckenbodens - Squeeze & Lift
Dieser konkrete und bildliche Impuls der wunderbaren Berliner Glücksmamas kann dich dabei unterstützen, deinen Beckenboden zu erspüren. Dabei geht es um das Anspannen und schließlich das Heben, also um einem Squeeze & Lift.
So kannst du dir den Squeeze ganz praktisch und ebenso bildlich vorstellen:
1 - Verschließe deinen Afterschließmuskel - so als würdest du dir einen Pups verkneifen wollen.
2 - Verenge deine Vagina - als würdest du einen Tampon festhalten wollen.
3 - Verschließe die Harnröhrenöffnung - so als würdest du deinen Urinstrahl unterbrechen wollen.
- Und nun zum Lift:
Stell dir vor, dass deine Blase, Gebärmutter und Rektum in einer Seifenblase liegen, die du sanft in Richtung Bauchraum aufsteigen lässt.
Alle umliegenden Muskeln - Gesäß-, Oberschenkel- und äußere Bauchmuskulatur dürfen entspannt bleiben.
Fühlt sich dieses Erspüren herausfordernd an? Nimm dir Zeit. Zeit für dich, für dein Körpergefühl, deine Weiblichkeit. Dein Beckenboden bewirkt so viel mehr als du denkst.